Was ist ein Wildacker und wozu braucht es den?
Der Wildacker ist eine Fläche, die dem Wild Einstand, Äsung, Ruhe und Deckung bietet. Der Jäger erstellt und bewirtschaftet ihn unter anderem auch um dem Wild in der vegetationsarmen Zeit Nahrung zu bieten. Es ist eine Fläche die zusätzlich zu Winterfütterungen oder, wenn die Fläche groß genug ist, auch als Ersatz dafür dienen kann.
Er dient der Wildgesundheit im Winter und schützt – bei richtig gewählter Lage – vor Verbiss an jungen Bäumen und deren Knospen. Das Wild MUSS etwas fressen und dadurch, dass man einen Ersatz bietet, verhindert man land- und forstwirtschaftliche Schäden, oder mildert sie zumindest. Der zu starke Verbiss an jungen Bäumen hat seine Ursache auch am fehlenden Angebot anderweitiger Nahrung. Auch zu starker Jagddruck auf der freien Fläche führt dazu, dass das Wild im Wald bleibt.
Durch die verwendeten Pflanzen bietet der Wildacker ganzjährig Äsung und Einstand. Wild, das nicht ständig flüchten muss, verbraucht auch weniger Energie. Der Wildacker stellt eine ganzjährige Äsungsfläche dar. Die Vielfalt der Pflanzen lockt zahlreiche Tiere an. Hier findet nicht nur das Wild gute Nahrungsbedingungen vor, auch Bodenbrüter und Insekten schätzen diese Flächen. Wenn man die Möglichkeit hat, gleich mehrere davon anzulegen, kann man Einfluss auf die Verteilung des Wildes nehmen und auch auf diese Weise dem Verbiss Vorschub leisten.
Wichtig ist die Wahl eines geeigneten Standorts.
Ein möglichst ruhiger Ort und mit räumlichem Abstand zu Straßen ist ideal, denn ein vom Wild angenommener Wildacker wirkt wie ein Magnet. Die bewußte Lenkung hat auch Einfluß, auf die Zahl der Wildunfälle im Revier. Ebenfalls ist zu vermeiden, dass sich eine solche Fläche direkt neben Wegen die stark von Reitern, Radfahrern und Hundebesitzern frequentiert werden befindet. Abgeschirmt an Waldrändern liegend, oder gesäumt von Hecken sind der ideale Platz. Logischer Weise ist es auch kontraproduktiv sich für einen Streifen direkt neben frischen Aufforstungen zu entscheiden.
Wenn man nicht zufällig selbst Besitzer solcher Flächen ist, ist es natürlich nicht einfach eine entsprechende Fläche zu bekommen. Man hat entweder das Glück einen Jagdgenossen zu finden, der Flächen in seinem Besitz hat, die er landwirtschaftlich – warum auch immer – nicht nutzt und einem die entsprechende Fläche verpachtet oder einfach zur Verfügung stellt. Eine schlechte Erreichbarkeit ist eventuell auch ein Motiv für den Landwirt, dass die Fläche für ihn etwas unattraktiver ist.
Das Bayerische Kulturlandschaftsprogramm (kurz KULAP) schafft für manchen Jagdgenossen vielleicht einen weiteren Anreiz. Das sind staatliche Förderungen für Flächen die sowohl Nektar und Pollen für Blüten suchende Insekten liefern, als auch Struktur, Deckung und Nahrung für Wildtiere bieten. Es gibt einen finanziellen Ausgleich mit dem der entgangene Nutzen zugunsten von mehr Artenvielfalt anerkannt wird. Die dafür aufgebrachten Mittel stammen von der EU, vom Bund und vom Land Bayern. (Info Link zu KULAP-Blühmischungen in Bayern)
Worauf kommt es bei einem Wildacker an?
Dadurch, dass er (wie bereits eingangs erklärt) ganzjährig Einstand und Äsung bieten soll, ist es wichtig auf die Wahl der geeigneten Pflanzen zu achten. Dazu kommen wir noch.
Wichtig ist es sich die Nährstoffversorgung, den PH-Wert und die Beschattung der Fläche anzusehen. Wenn auf der Fläche zu wenig Licht zur Verfügung steht, verringert das die Erfolgschancen. Da die Kosten für das Saatgut nicht unerheblich sind und der zeitliche Aufwand gerade zu Beginn sehr hoch ist, wirkt ein Misserfolg enttäuschend und die Unzufriedenheit über den Verlauf führt langfristig zur Aufgabe des Projekts.
Also vorab prüfen, WAS auf der Fläche gedeihen kann und den Boden entsprechend vorbereiten.
Jagd und Landwirtschaft Hand in Hand.
Pflanzen benötigen um gut zu gedeihen Kalk, Phosphor, Kalium und Magnesium. Wenn es daran mangelt, muss bei der Bodenvorbereitung gedüngt werden. Der vermutlich vorhandene Altbewuchs auf der Fläche muss ohnehin untergepflügt werden um die Ackerunkräuter zurückzudrängen. Findet sich lediglich eine geringe Humusschicht auf der Fläche, eignet sich zur Bodenvorbereitung eher eine Fräse. Danach wird gewalzt. Das ist eine gute Gelegenheit, seine Jagdgenossen kennenzulernen. In der Regel wird man selbst nicht über solche Maschinen verfügen. Zudem ist der Landwirt grade beim Thema Düngung und Bodenbeschaffenheit der Fachmann. „Durchs Reden kemma die Leut zamm!“ Vielleicht ein guter Einstieg in ein besseres Kennenlernen. Es geht nur miteinander.
Im nächsten Schritt wird das Saatgut ausgebracht. Auch hier empfiehlt sich professionelle Hilfe. Mann kann das Saatgut natürlich auch per Hand aussähen, benötigt dabei aber mindestens ein Viertel mehr Saatgut. Nach dem Ausbringen muss das Saatgut wenige Zentimeter in den Boden eingearbeitet werrden. Eine Egge ist auch hier die angenehmere Lösung als ein Rechen. Danach nochmal walzen und beten. Wird das Saatgut nur verstreut und nicht in den Boden eingearbeitet, wirds zu Vogelfutter. Wildtauben werden begeistert die Qualität prüfen.
Jetzt zu den Pflanzen.
Ein Wildacker wird auf mehrere Jahre angelegt. Das ist schon eine Kostenfrage. Das Saatgut hat seinen Preis. Es gibt einjährige und mehrjährige Pflanzen. Einjährige Pflanzen können dem Saatgut zusätzlich beigemischt werden. Grade die Leguminosen verbessern als Stickstoffsammler die Qualität des Bodens.
Der Wildacker besteht aus Deckungspflanzen wie Sonnenblumen, Topinambur, Waldstaudenroggen und Futterpflanzen wie Rispenhirse, Ackersenf, Weidelgras, Kulturmalven, Furchenkohl, Fenchel, Phacelia, Lein, Hafer und als Gründüngungs- und Futterpflanzen aus den Leguminosen (Kleearten, Wicken, Erbsen, Luzerne, Ackerbohne). Nicht nur für die Insekten bilden Ringelblume, Borretsch, Schafgarbe, Wiesensalbei und diverse Kleearten wie der weiße Steinklee oder Honigklee weitere wertvolle Bestandteil des Wildackers.
Der Wildacker muss einfach ganzjährig etwas offerieren, das Deckung bietet, grade reift, blüht oder saftig grün überwintert.
Saatmischungen werden inklusive Beratung für jeden Wunsch bereits fertig im Fachhandel angeboten. Zusätzlich kann man die angeboten Mischungen mit etwas heimischen Wildblumensamen aufpeppen. Alles was surrt, flattert, krabbelt oder schwebt nimmt das begeistert an. Natürlich auch alle Bestäuber und Nektarsammler wie die Bienen und mit ihnen so mancher Imker werden es danken. Für die den reifenden Samen und die vielfältige Insektenwelt interessieren sich natürlich nicht zuletzt unsere Singvögel.
Werfen wir doch einen kleinen Blick auf einen frisch angelegten Wildacker.
Nach der Aussaat beginnt das Warten … wird das was? Geht das Saatgut auf?
Wieviel haben die Tauben übrig gelassen?
Wie über kleine Kinder freut man sich über die ersten zarten Keimlinge.
Und irgendwann gehts dann ganz schnell. Überall drücken die jungen Pflanzen aus der Erde. Noch ist die Sorge groß, dass sie schneller gefressen werden, als sie auskeimen können …
… unbegründete Sorge. Ein Meer an Vielfalt breitet sich auf dem Acker aus. Es entwickelt sich ein spannendes „Was ist denn das?“, das sich langsam in ein „Was blüht denn da?“ verwandelt.
Ein Schild soll helfen Neugierige und Unvernünftige davon abzuhalten auf dem Acker rumzulaufen.
Jetzt geht alles ganz schnell. Die jungen Pflanzen streben eilig dem Licht entgegen.
Bald blüht der Ackersenf.
Phacelia. Im Volksmund „Bienenfreund“. Eine nicht nur für die Honigbiene ertragreiche Pflanze.
Der Buchweizen, ein Knöterichgewächs. Der Name ist irreführend. Es handelt sich dabei um keine Getreideart. Aus den Blüten entwickeln sich kleine „Nüsschen“, die landwirtschaftlich genutzt zu Mehl verarbeitet werden. Da sie Glutenfrei sind, spielt das Mehl mittlerweile wieder eine wichtige Rolle für Menschen mit einer entsprechenden Unverträglichkeit.
Kümmel
Kornblumen als Insektenweide (übrigens eine vielfach genutzte Heilpflanze)
Die Schafgarbe. Eine Weide für zahlreiche Wildbienenarten, Hummeln, Schwebfliegenund zahlreiche Schmetterlingsarten.
Da der Wildacker unterschiedlich stark besonnt ist, sprich Schattenbereiche hat, ist dem mit unterschiedlichem Saatgut Rechnung getragen worden. Der Inkarnat-Klee kommt damit zurecht. Andere Kleearten natürlich ebenfalls.
Der Landkärtchenfalter. Ein ungewöhnlicher Schmetterling. Hier bereits in seiner Sommerform. Diese zweite Faltergeneration ist völlig unterschiedlich zur Frühjahrsform gefärbt, die von der Farbigkeit eher an den „Großen Fuchs“ erinnert.
Das Vegetationsjahr schreitet voran. Von Mai bis Oktober liefert der dauerblühende Freund der Insekten seinen Nektar ab. Der Borretsch (volkstümlicher Name Gurkenkraut).
Relativ spät entwickelt sich die Blüte der Malve.
Die Ähren des Waldstaudenroggen werden erst im zweiten Jahr Anbaujahr ertragreicher. Im ersten Jahr liefert er viel Grünfutter. Er ist unempfindlich gegen den Verbiss und regeneriert sich gut. Hauptsächlich dient er allerdings als Deckung.
Diese Aufgabe übernehmen neben ihrer Blüte und den darin reifenden, beliebten Körnern auch die Sonnenblumen.
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Die abgeblühten Stängel bleiben den Winter über stehen.
Landwirtschaftlich ist mittlerweile alles abgeerntet. Die Wiesen sind ein letztes mal auf Golfplatzniveau gemäht. Auch auf unserem Wildacker ist auf den ersten Blick nicht mehr viel Schmackhaftes zu sehen.
Der Schein täuscht. Zwischen den verdörrten Gräsern und Blumen wachsen wahre Schätze, denen die Kälte nichts macht. Sie bleiben den ganzen Winter über grün und liefern reichlich Äsung.
Zwischen den Halmen gedeihen Winterraps, Markstamm- und Furchenkohl.
In den kommenden Monaten entwickeln sich die Kitze. Die artgerechte Winteräsung erleichtert dem Wild die vegetationsarme Zeit und sorgt neben besserer körperlicher Verfassung dafür, dass so manches Bäumchen seinen Leittrieb behält.